„Entsafter“ ist das passende Wort für den Ruderergometer. Im Wintertraining ist er seit Jahren zum unverzichtbaren Trainingsgerät in der wasserlosen Zeit geworden, wenn frühe Dunkelheit und schlechtes Wetter ein Training im Boot schwierig machen. Und auch die Trainer haben das Gerät als Testmittel entdeckt, um die Fortschritte im Training während des Winterhalbjahrs zu kontrollieren. Und außerdem kann man über zentrale Wettkämpfe das Allerletzte aus den Sportlern herausholen. Im Südwesten hat sich der Ergocup in Ludwigshafen als einer von mehreren Läufen zur Deutschen Indoor-Meisterschaft mit dem Finale in Kettwig etabliert.
Auch die Athleten der Stuttgarter Rudergesellschaft waren am 24. Januar in Ludwigshafen gemeldet, um einmal über den „Entsafter“ zu gehen. Die Zielstellung war klar: Bestzeit fahren – und möglichst noch auf das Treppchen, wenn es möglich ist. Aber die Trauben hingen hoch, denn der gesamte Südwesten schickte seine Hoffnungsträger nach Ludwigshafen – und zwar mit genau denselben Zielsetzungen.
Den stärksten Eindruck hinterließ Lina Warth. Die „leichte“ B-Juniorin und letztjährige Bronzemedaille-Gewinnerin im Leichtgewichts-Doppelzweier der Juniorinnen belegte auf den 1500 Metern mit 5:45,3 Min. den zweiten Platz in ihrer Konkurrenz. Nur eine Ruderin war schneller – und die war auch kein echtes Leichtgewicht. Im Winterhalbjahr dürfen die Leichtgewichte aus gesundheitlichen Gründen immer 2kg mehr als das zulässige Höchstgewicht im Boot wiegen. Deshalb „verirrt“ sich das eine oder andere Schwergewicht in die Leichtgewichts-Kategorie, um dann aber später im Jahr wieder bei den Schweren zu starten. Mit ihrer Leistung setzte sich Lina Warth in der bundesweiten Ergo-Rangliste ebenfalls auf Platz 2, denn niemand war auf den anderen Ergowettkämpfen der Indoor-Serie bislang schneller gerudert als die beiden Ruderinnen in Ludwigshafen. Beim eine Woche später stattfindenden letzten Lauf und Finale zur Serie gelang es jedoch einer Ruderin aus Nordrhein-Westfalen noch knapp eine Sekunde schneller auf der simulierten 1500m-Strecke zu sein als die Siegerin von Ludwigshafen. Aber sonst schaffte keine mehr den Sprung nach vorne und so darf sich Lina Warth über einen dritten Platz in der Ergorangliste in Deutschland freuen. Damit ist sie die erste Ruderin der Stuttgarter RG, die eine Top-3-Platzierung in der Deutschen Indoor-Serie erreichen konnte.
Aber auch die anderen Starter der Stuttgarter RG unterboten reihenweise ihre Bestleistungen. Seit der ehemalige Steuerpimpf und jetzige 2m-Mann Emil Schmidberger vor zwei Jahren zu seinem Comeback als Ruderer ansetzte, geht die Formkurve steil bergauf. Die Belohnung in Ludwigshafen war Platz 8 bei den Männern und mit einer 6:22,4 Min. (Platz 31 Rangliste – 51 Teilnehmer) kommt er langsam in einen Bereich, in dem der junge U23-Ruderer auch für größere Ziele einzuplanen ist. Seine leichten Männer-Kollegen Patrik Möllerke und Felix Kobler verkauften sich ebenfalls ganz gut, wobei Patrik Möllerke (6:32,4 Min. – Platz 34 Rangliste – 63 Teilnehmer) noch durch eine gerade abgeklungene Erkältung gehandicapt war. Trotzdem ruderte er im Bereich seiner Bestleistung. Felix Kobler hat im Vergleich zum letzten Jahr einen ordentlich Sprung nach vorne gemacht und fuhr eine neue persönliche Bestleistung (6:48,5 Min. – Platz 54 Rangliste – 63 Teilnehmer). Gut aufgestellt ist die RG dieses Jahr im Junioren-A-Leichtgewicht. Philipp Hoyer (6:54,7 Min. – Platz 38 Rangliste – 99 Teilnehmer), Moritz Marchart (6:52,0 Min. – Platz 32 Rangliste – 99 Teilnehmer) und sein Bruder Simon Marchart (6:52,7 Min. – Platz 33 Rangliste – 99 Teilnehmer) blieben alle deutlich unter der 7-Minuten-Grenze. Hier ist die Saison ganz klar darauf ausgerichtet, im leichten Riemenbereich ein Wörtchen mitzureden. Mit den bisher gezeigten Leistungen sollte das möglich sein. Clemens Hoyer (5:15,0 Min. – Platz 23 Rangliste – 153 Teilnehmer) zeigte bei den „leichten“ B-Junioren eine tadellose Leistung, verbesserte seine Bestleistung ebenfalls punktgenau und auch er marschiert in Richtung Start auf den Deutschen Jugendmeisterschaften. Laura Schildheuer (5:44,0 Min. – Platz 32 Rangliste – 105 Teilnehmer) machte bereits im ersten Jahr bei den B-Juniorinnen auf sich aufmerksam und fuhr deutlich unter die 6-Minuten-Marke über die 1500m. Das gelang nicht vielen Ruderinnen aus Baden-Württemberg und entsprechend zufrieden war man im Stuttgarter Lager. Samara Oestermann (6:35,8 Min. – Platz 74 Rangliste – 80 Teilnehmer) startete im gleichen Rennen wie Lina Warth. Sie hatte noch einen respektvollen Abstand zu Lina und wird wohl noch ein Weilchen brauchen, bis sie in deren Bereich kommt. Aber sie kämpfte aufopferungsvoll um jede Sekunde – auch wenn es am Schluß nicht ganz zu einer neuen Bestzeit reichte. Sie ließ sich am Anfang von dem schnellen Tempo des Feldes mitreißen und musste dafür im letzten Streckenabschnitt bezahlen. Ganz nach Plan lief es dagegen für Laura Hipp bei den „leichten“ Juniorinnen A. Ihr Ziel unter die 8 Minuten zu kommen, konnte sie erreichen – und auch sie fuhr persönliche Bestzeit (7:59,3 Min. – Platz 20 Rangliste – 43 Teilnehmer)
Zum Saisonfinale in Kettwig war nur Florian Roller angereist. Der Bundeskaderathlet hatte Startverpflichtung durch den Bundestrainer und musste sich mit seinen Kollegen aus dem Nationalkader auseinandersetzen. Da in Kettwig der Sieg im direkten Vergleich ausgefahren wird, sind bei einem größeren Feld als 10 Startern Vorläufe nötig. Bei dem hohen Niveau des Feldes musste gleich im Vorlauf Vollgas gegeben werden, um überhaupt ins Finale zu gelangen. Florian schaffte es in 6:15,8 Min. (Platz 8 Rangliste – 63 Teilnehmer). Dort mobilisierte er nochmal alle Kräfte und war letztendlich mit seinem dort erreichten 6. Platz zufrieden. Bis auf einen Starter konnten alle Ruderer im Finale ihre Zeiten vom Vorlauf nicht mehr erreichen. Das zeigt, wie schwer selbst Bundeskaderathleten ein hartes Rennen wegstecken.