Lehrgang? Am Samstag? Muss das sein? Natürlich nicht, aber ebbes lernen hat auch noch keinem geschadet – außerdem stieg meine Nervosität im Hinblick auf meinen demnächst startenden Ruderkurs an. So packte ich meine Sachen und machte mich auf dem Weg zum schwäbischen Hausmeer – zum LRVBW-Stegausbilderlehrgang in Radolfzell. Der Ruderklub „Undine“ liegt nicht weit weg vom Bahnhof auf einer Halbinsel im Bodensee. Gegen 8:40 Uhr trudelten so langsam die Teilnehmenden ein, wobei die meisten vom Hochrhein kamen – aber auch Söhne Mannheims waren dort anzutreffen. Der Seminarraum war direkt am Wasser mit einer schicken Teeküche (Tassen in Vereinsfarben) – hat was, aber ich hab’s ja lieber etwas improvisierter wie dahomd in der StRG. Da ist’s auch weniger ärgerlich, wenn man einmal einen Schwerkrafttest mit einer Tasse durchführt.
Trainer war Dr. Wolfgang Fritsch – unterstützt von Heike Breitenbücher, beide im Vorstand des Landesruderverbandes.
Grau ist alle Theorie – aber was muss, das muss und ich stelle für mich fest, dass es gewisse Parallelen zwischen Rudern lernen und dem Erlernen eines Instruments gibt. Das Gute ist ja, dass alte Hasen ihre Folien immer noch „aus der Lameng“ mit Anekdoten ergänzen können, so dass Erholungsschläfchen erst während der Videoanalyse erforderlich wurden.
Auch wenn der Ruderclub mit Rollböcken zum Bootstransport ausgestattet ist – so ganz von alleine kommen die Boote doch nicht ins Wasser: Der Bodensee führt aktuell Niedrigwasser, so dass man aus dem Boot ein und – sofern das Boot nicht gleich aufsetzt – auf der anderen Seite gleich wieder aussteigen würde, weil der Steg „ein wenig höher“ ist. Doch um pragmatische Lösungen ist man ja nicht verlegen und so werden die Boote auf Segelboot-Fendern in den Bodenseekies abgelegt, bestückt und anschließend in Fakir-Technik (Rudernde sind ja hart) barfuß ins Wasser getragen.
Die folgenden anderthalb Stunden kreuzten wir dann fleißig (nanu, so viel Platz hier) und unbehelligt von SUPlern, Fähren und sonstigem Gerödel mit Mobobegleitung um den See und testeten viele Übungen – von abwechselnd stehendem Blatt über 360°-Blattdrehungen beim Rollen bis hin zu dem, was man in der Musik unter Ritardandi und Accelerandi verbuchen würde. Die nächsten Boote mit mir als Steuermann dürfen sich schon einmal drauf freuen – denn ob Dirigent oder Trainer: Nach Lehrgängen haben sie alle einen an der Waffel!
Nach einer Pizzastärkung gab es dann noch eine nachträgliche Analyse – netterweise wurden die Videos von den Weltmeister-Rennen erst nach unseren gezeigt, denn ob Aufnahme in der Musik oder Video beim Rudern: Schön ist’s nicht, wenn man sich sieht. Bei den Weltmeisterschaften sieht man allerdings auch die nationalen Eigenheiten in der Rudertechnik – vielleicht sollte ich doch meine Meinung über das Ansehen von Sportübertragungen revidieren.
Nach dem Ende des Seminars und einer Kurzvorstellung des LRVBWs von Heike stellte Wolfgang noch sein neues Buch zur Rudertechnik für Masters vor und ich schloss mich danach noch den Hochrheinrudernden auf dem Weg zum Bahnhof an – zufällig lag nämlich noch eine Wirtschaft am Weg und es reichte genau für ein 0,3er Pilsken am Wasser bis mich der abendliche Direkt-Regionalexpress wieder in heimische Gefilde brachte.
Kurzum: Ein Stegausbilderlehrgang ist nicht so trocken, wie er aussieht. Außerdem hat man dabei Gelegenheit, einmal neue Ruderreviere kennenzulernen. Klickt euch gerne auf Kursangebot – LRVBW und schaut euch um!
Paul Hoffmann